Dienstag, 25. Mai 2010

3.4 Das Zeugnis von Jesus Christus und die Bergpredigt

Verschiedene theologische Richtungen

Oft können wir eine gegenseitige Kritik zweier theologischer Richtungen beobachten: die einen orientieren sich an Jesus, dem Bergprediger, oder auch einfach an den Sätzen der Bergpredigt , vermeiden aber die dogmatische Rede von Jesus Christus, die in den Liturgien und Gebeten der Gottesdienste ständig wiederkehrt, die anderen sehen in der einseitigen Betonung der Bergpredigt bezw. der Ethik des historischen Jesus eine Verkürzung des vollen Evangeliums.
Für mich gehören beide Aussagen untrennbar zusammen. Die Vernachlässigung eines der beiden Aspekte führt in jedem Fall zur Schwächung der evangelischen Botschaft.

Das Messiasbekenntnis muss zum Bergprediger führen

Im vorigen Abschnitt (3.3 Paulus und die Botschaft von Jesus Christus) begründete ich meine Überzeugung: die ersten christlichen Gemeinden sind durch die Behauptung einer kleinen Gruppe von Menschen entstanden, der gekreuzigte Jesus aus Nazareth sei auferstanden von den Toten, und er sei in Wahrheit der Christus, der im Alten Testament verheißene Messias.

Die Menschen, die das Zeugnis dieser ersten Jünger Jesu hörten, mussten natürlich die Frage stellen, wer denn dieser Jesus eigentlich sei und wie diese paar Leute dazu kämen, eine so ungeheuerliche Behauptung aufzustellen. Alle Berichte von den Worten und Taten Jesu wurden gesammelt, aber auch verschieden überliefert und gedeutet. Manche seiner Taten wurden wunderbar erhöht oder nahmen symbolischen oder mytholoogischen Charakter an. Die vier Evangelien akzentuieren das Leben Jesu verschieden und spiegeln auch schon Meinungsverschiedenheiten unter den Anhängern Jesu. Rudolf Bultmann hat die Meinung vertreten, die Evangelien enthielten im Wesentlichen „Gemeindetheologie“. Kein Wunder also, dass bis auf den heutigen Tag umstritten ist, wie das Leben Jesu genau verlaufen ist (vgl. die Geschichte der Lebens Jesu-Forschung von Albert Schweitzer 2.1)

Aber wie auch immer: Heute ist das historische Faktum der Kreuzigung Jesu unumstritten und darüber hinaus, dass er sowohl durch seine Worte als auch durch seine Taten eine Aufsehen erregende Persönlichkeit war. Was aber war das Ungewöhnliche, das Aufsehen Erregende an der Person Jesu? Wodurch wurden Männer und Frauen zu dem Zeugnis veranlasst, er sei der wahre Messias und kein anderer? Vor allem: was ist der Grund dafür, dass sich diese ungeheuerliche Behauptung von dem gekreuzigten und auferstandenen Messias in zwei Jahrtausenden ständig erneuert und als unverlierbar erwiesen hat?
Die vier Evangelien enthalten so viele klare, überzeugende, eindrückliche Worte und Taten Jesu, dass auch heute noch die große Bedeutung dieses Mannes fast überall einleuchtet. Fragt man aber, welches die wichtigsten, die entscheidenden Worte und Taten sind, so ist man gut beraten, Menschen wie Albert Schweitzer oder Mahatma Gandhi zu befragen, die sich vor allem an der Bergpredigt enthalten orientieren.

Kernsätze der Bergpredigt

Seligpreisungen
  • Ihr seid Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt
  • Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel…
    Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar…Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel…Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was tut ihr Sonderliches?
  • Vaterunser
  • Niemand kann zwei Herren dienen…Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon
  • Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet
  • Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen
  • Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balken in deinem Auge
  • Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.

Die unverlierbare Botschaft

Viele andere Worte und Gleichnisse in den vier Evangelien sind im gleichen Geist gesprochen und seine Taten entsprechen seinen Worten: die Liebe zu Verachteten und Ausgestoßenen, die er hereinnimmt in seine Gemeinschaft, das Eintreten für Frauen und Kinder, seine Zuwendung und aktive Hilfe für leiblich und seelisch Leidende. Für die bisherige Weltgeschichte völlig ungewöhnlich, ja umstürzend ist aber die Tatsache, dass ein König und Friedefürst auf Soldaten und Waffen, auf Krieg und Sieg, auf Vernichtung und Unterwerfung von Feinden, auf Vergeltung ihrer Anschläge völlig verzichtet und dabei scheinbar Schiffbruch, nämlich den Tod am Kreuz erleidet – und gerade so sich als ewig lebendig, als wahrer Herr, König und Friedefürst erweist.

Das "dogmatische" Zeugnis

Wäre nun Jesus aus Nazareth nur der am Kreuz gescheiterte Prophet und Weisheitslehrer, Arzt und Wundertäter, dann könnte man immer sagen, er ist eben einer von den großen Propheten, Lehrern und Humanisten, andere haben ihr Leben mit ähnlicher Konsequenz für andere Ziele eingesetzt und hingegeben. Es ist alles relativ.
Wenn wir aber an dem Zeugnis festhalten, dass dieser Jesus aus Nazareth mit seinen Worten und seinem Opfergang der Sohn Gottes ist, ja dass Gott in ihm selbst zur Welt kam und durch ihn sein Reich aufrichtet, dann bekommt die Ethik Jesu die absolute Bedeutung, die Albert Schweitzer ihr zuschreibt. Dann ist sein Erscheinen Gottes eigentliche Friedensbotschaft an die Welt, das wahre Evangelium.
Erst das Christusbekenntnis gibt der Bergpredigt ihre universale Bedeutung und unbedingte Geltung.

1 Kommentar:

  1. die Bergpredigt ist zentral, denn erst, wenn wir sie verstehen, können wir begreifen wie wervoll die gande ist
    dazu mein buch http://workupload.com/file/wXuYH8t

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