Dienstag, 25. Mai 2010

3.2 David und Jesus

Noch einmal David

Der König David ist neben Abraham, Mose, Jakob eine der zentralen Personen der hebräischen Bibel. Das 1. Buch Samuel ist zur Hälfte, das zweite Buch Samuel ganz der dramatischen Geschichte Davids und seiner Königsherrschaft gewidmet. Seine schwere Verfehlung, der Ehebruch mit Bath-Seba und der Mord an ihrem Mann Uria, wird ebenso wenig verschwiegen (2. Samuel 11-12) wie der Kampf seiner Söhne um seine Nachfolge.

In den Chronikbüchern, Jahrhunderte später als Summe der Geschichte Israels verfasst, wird das Königtum Davids in der 2. Hälfte des 1. Chronikbuches (Kapitel 11-29) verherrlicht. Als einzige Verfehlung wird hier davon berichtet, dass David gegen den Willen Gottes einen Volkszählung anordnet. Aus allen Berichten über David geht aber deutlich hervor, dass sein Reich auf Krieg und Sieg, auf der Vernichtung oder Unterwerfung aller seiner Feinde gegründet ist. Zugleich wird David als der fromme König geschildert, der in der Übereinstimmung mit Gottes Willen regiert hat. Seine Verfehlungen rufen den Zorn Gottes hervor. Sie werden gesühnt und David erlangt die Vergebung Gottes.

Jesus

Jesus von Nazareth steht als die eine zentrale Figur des Neuen Testaments den großen Gestalten des Alten Testaments gegenüber. Warum aber heißt er der Sohn Davids und nicht etwa Abrahams oder Moses? Weil eine Gruppe um Jesus behauptet hat, er sei der Messias, der Gesalbte, der in Schriften des Alten Testaments verheißene Sohn Davids, der Gottes endgültiges Königreich, das Reich Gottes, errichten wird. Und weil diese Behauptung einer kleinen Gruppe von Männern und Frauen sich als Bekenntnis der christlichen Kirche auf Erden weltweit durchgesetzt hat.

Einen größeren Gegensatz als den zwischen David und Jesus kann man sich kaum vorstellen. David, der als junger Abenteurer den Goliath erschlägt, sieben Jahre in Hebron regiert, Jerusalem erobert, und zur Hauptstadt macht, durch viele Kriege und Eroberungen seine Macht festigt, und sein Königreich erweitert, der als alter Mann stirbt und bei seinen Vätern begraben wird – und Jesus, der junge Mann, Prophet und Prediger, Schriftausleger, Arzt, Tröster, Freund der Frauen und Kinder, der mit seinen wahren Worten und klaren Werken die Zweifel und Feindschaft der einen überwindet, der Feindschaft der anderen keine Gewalt entgegensetzt und in der Mitte von zwei Mitangeklagten gekreuzigt wird.

Jesus aus Nazareth, nicht nur Prophet, Rabbi, Arzt, Tröster, Menschenfreund, sondern König. So steht es auch über seinem Kreuz: „INRI , Jesus von Nazareth, König der Juden."

Und wo ist sein Reich?
Dass Jesus im Johannesevangelium zu Pilatus sagt, sein Reich sei nicht von dieser Welt, hat den Christen in allen Jahrhunderten geholfen, dem Einwand zu begegnen, dass von seinem Reich in dieser Welt nichts zu sehen sei. Sie konnten antworten, sein Reich sei nicht von dieser Welt, es sei in den Herzen, den Seelen, es sei der Trost der Sündenvergebung, es sei das Reich, das er bei seiner Wiederkunft errichten werde. Oder so: sein Reich werde vorweggenommen in den Gottesdiensten der Kirche, in ihren Kommunitäten, ihrem diakonischen Handeln.

Nur ein Bereich wurde von der Herrschaft dieses ganz anderen Königs ausgenommen: die große Politik der Fürsten und Könige, der Kaiser, Kanzler und Präsidenten, der Bereich also, in dem es der König David in Jerusalem einst zur größten Machtentfaltung gebracht hatte.

So sprach auch Martin Luther von den zwei Reichen, von dem zur Rechten und dem zur Linken. Das Reich zur Rechten, das war das ewige Reich, in dem Gott mit seinem Sohn Jesus Christus regierte, das Reich zur Linken war das irdische Reich, in dem vorläufig noch andere Gesetze galten, die Gesetze eben der alten, vergehenden Welt .

Für die Juden freilich haben die Christen mit ihrer Behauptung, Jesus sei der verheißene König, der Davids Reich vollenden werde, die messianische Hoffnung verfälscht. Juden denken erdverbunden Für sie ist es klar: wenn der Messias kommt, wird er hier auf Erden das Reich des Friedens und der Gerechtigkeit aufrichten. Weil der gekreuzigte und angeblich von den Toten auferstandene Jesus das nicht vollbracht hat, kann er auch nicht der Messias sein. Haben sie nicht recht?

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